Ich war letzte Woche in Berlin auf Hochzeit eingeladen, daher habe ich ein bisschen Heimaturlaub gemacht. Da darf natürlich ein bisschen Sightseeing nicht fehlen.
Ich war bislang erst zweimal in Berlin, zuletzt richtig bei einer Klassenfahrt vor 12 Jahren. Dementsprechend hat es mich zu den geschichtsträchtigen Orten gezogen: Die Mauer, der Todesstreifen und die Oberbaumrücke.
Es war für mich sehr interessant zu sehen, dass mich das ganze komplett anders emotional berührt hat, als noch vor ein paar Jahren. Klar ich bin natürlich auch älter geworden, erwachsen und habe einen anderen Bildungsstand als damals. Trotzdem dachte ich ich wäre abgehärtet, weil das Wissen über die Mauer und den Todesstreifen der durch Berlin läuft ja zum Standardwissen eines jeden Deutschen gehört. Es war allerdings ganz anders.
Ich, die das geteilte Deutschland eigentlich nur in Windeln erlebt hat, habe bei dem Anblick angefangen zu weinen. Aber nicht einfach nur aus Trauer um die vielen Menschen, die an diesem Ort ums Leben gekommen sind, sondern in dem Wissen, dass es immer noch Grenzen gibt an denen Menschen sterben müssen. Auch an unseren Grenzen, den Grenzen der EU und in unserem Auftrag.
Der erste Gedanke der mir beim Anblick der vielen Gestorben durch den Kopf ging war, das sie wenigstens ein Gesicht haben. Wie viele Menschen sterben jährlich bei dem Versuch die europäischen Grenzen zu überqueren. Ich will es nicht aufwiegen, aber es sind weitaus mehr als an dieser Grenze gestorben sind. Auch um diese vergessenen Menschen, die anonym gestorben sind, habe ich an diesem Ort getrauert.
Ich habe in den letzten zwei Jahren durch meine Arbeit und meinen Mitbewohner, der aus Syrien kommt, viele Geschichten von Geflüchteten gehört. Ich bin mir zu 100 % sicher, dass niemand, der nicht um sein Leben fürchtet sich auf so eine gefährliche Reise macht. Vor nicht allzu langer Zeit wurde in Syrien auf der Hochzeit des Cousins meines Mitbewohners ein Bombenanschlag verübt. Es sind viele Menschen gestorben. Wir kennen diese Geschichten nur aus den Nachrichten und sind mittlerweile total abgestumpft von Bombenangriffen, Krieg und Sterben. Für andere ist es jedoch real.
Ich muss zugeben, ich bin es auch leid immer wieder von Kriegen zu hören. Aber es ist keine Lösung die Augen davor zu schließen dass sie existieren. Wir sollten mit dem Wissen und den Erfahrungen, die wir in Zeiten des geteilten Deutschlands erlebt haben, Verständnis haben und Menschen in Not helfen. Denn nur so kann versucht werden die geteilte Welt, in der wir derzeit leben, zu vereinen. Man sollte immer im Kopf behalten, dass es unserem Land auch nicht so gut gehen würde, wenn es nicht Menschen gegeben hätte, die uns in Zeiten der Not geholfen haben.
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